Muschelkalkhänge bei Lieskau

Nordwestlich von Lieskau verläuft geologisch gesehen am Rand der Nietleben-Bennstedter Mulde der Ausstrich der Kalkgesteine des Unteren Muschelkalks, die auch hier – wenngleich nicht so eindrucksvoll wie im unteren Unstruttal oder bei Jena – aufgrund ihrer Härte eine natürliche Abbruchkante im Gelände haben entstehen lassen. Das Gebiet wurde bis vermutlich Mitte des 20. Jahrhunderts noch großräumig von Kalkmagerrasen eingenommen, die allerdings inzwischen zum Großteil durch Aufforstungen mit Schwarzkiefern oder durch Verbuschung nach langjähriger Brache verloren gegangen sind.

Die verbliebenen Reste an Kalkmagerrasen sind Bestandteile des NSG „Muschelkalkhänge der Nietleben-Bennstedter Mulde“ und werden gleichzeitig vom FFH-Gebiet "Muschelkalkhänge westlich Halle" umfasst. Auf den Muschelkalkstandorten sind Fiederzwenkenrasen oder an steileren Standorten Gamander-Blaugrasrasen entwickelt; auf geringmächtigen Lössauflagen haben sich kleine Steppen-Trockenrasen gehalten. Botanisch ist das Gebiet durch zahlreiche südöstlich verbreitete Pflanzenarten wie Dänischer Tragant (Astragalus danicus), Gelber Zahntrost (Odontites luteus), Steppen-Wolfsmilch (Euphorbia seguierriana) oder Pferde-Sesel (Seseli hippomarathrum) ausgezeichnet. Im Mai leuchten dazu große gelbe Blütenteppiche des Hufeisenklees (Hippocrepis comosa). Die vereinzelt vorkommenden Silberdisteln (Carlina acaulis) sind wahrscheinlich Anfang des 20. Jahrhunderts gezielt angesät worden. An lückigen Stellen der Kalktrockenrasen kommen typische Arten der Bunten Erdflechtengesellschaft wie Fulgensia fulgens vor. Faunistisch ist vor allem der Reichtum an Arten und Besonderheiten unter den Insekten von Bedeutung.

 

Während andere Teile der verbliebenen Kalkmagerrasen bei Lieskau bereits seit Jahrzehnten regelmäßig vom NABU gepflegt werden, konzentriert sich das aktuelle Landschaftpflegeprojekt auf Teilflächen des Lieskauer Kirschbers, die bis vor kurzem noch langjährig brach gelegen hatten. Dort waren die wenigen verbliebenen Reste an offenen Kalkmagerrasen aufgrund der fortgeschrittenen Verbuschung akut vom völligen Verschwinden bedroht.

Durch umfangreiche Entbuschungsarbeiten wurde hier durch den NABU zunächst auf dem Nordteil des Kirschbergs eine zusammenhängende Offenlandfläche wiederhergestellt, und dadurch wieder mehr Raum für seltene Arten wie Adonisröschen (Adonis vernalis), Duft-Skabiose (Scabiosa canescens) und Astlose Graslilie (Anthericum liliago) geschaffen. Aktuell wurde zusätzlich auch eine besonders wertvolle Teilfläche im Südteil des Kirschbergs in Pflege genommne, die sich durch ein bemerkenswertes Vorkommen der seltenen Kugelblume (Globularia bisnagarica) auszeichnet. Dieser Kugelblumenhang wurde nun im November 2024 ebenfalls entbuscht und soll künftig durch regelmäßige Beweidung dauerhaft offen gehalten werden.

Südhang des Nordteils des Kirschbergs bei Lieskau vor der Entbuschung (2020) und danach (2021)